Fahrradfreundlicher Landkreis – war’s das?
Mitgliedschaft in der AGFK in Frage gestellt
Gemeinsame Pressemittteilung von ADFC und VCD zur AGFK-Mitgliedschaft des Landkreises Freising
10.04.2025
Da beschließt der Kreistag im Landratsamt einstimmig, dass auch unser Landkreis Mitglied der Fahrradfreundlichen Kommunen in Bayern e.V. (AGFK) wird, wie schon hunderte andere bayerische Gemeinden und Landkreise. Und nun blockiert eine knappe Mehrheit im Planungsausschuss das erforderliche Umsetzungs-Maßnahmenpaket und riskiert damit den Rauswurf aus der gemeindeübergreifenden Zusammenarbeit. ADFC und VCD kritisieren dieses Vorgehen scharf und fordern zugleich eine umgehende Kurskorrektur.
In seiner Sitzung vom 3. April 2025 hat der Ausschuss für Planung und Umwelt des Kreistages nach intensiver und heftiger Diskussion mit knapper Mehrheit gegen die nächsten Schritte in Richtung fahrradfreundlicher Landkreis ausgesprochen. Dies kann bedeuten, dass der Landkreis dann auch wieder aus der Arbeitsgemeinschaft „Fahrradfreundliche Kommunen in Bayern e. V. (AGFK Bayern) austritt, bzw. nicht als dauerhaftes Mitglied aufgenommen wird.
Der Kreistag hatte sich 2021 einstimmig für die Mitgliedschaft in der AGFK Bayern entschieden. Nach einer ersten Bereisung durch die AGFK im Herbst 2022 wurde der Landkreis sozusagen ein Mitglied „auf Probe“. Im Herbst 2026 steht dann die sog. Hauptbereisung an, bei der entschieden wird, ob ausreichend Fortschritte in Richtung Fahrradfreundlichkeit gemacht worden sind und der Landkreis dauerhaft Mitglied in der AGFK sein kann. Dies droht nun zu scheitern.
Denn für die dauerhafte Mitgliedschaft in der AGFK sind Mindestkriterien zu erfüllen: Der explizit geforderte Radverkehrsbeauftragte ist seit Sommer 2024 aktiv und hat nun ein Umsetzungspaket zur Erfüllung der Kriterien im Planungsausschuss vorgelegt. Dies sind:
- die Beauftragung eines Radverkehrskonzeptes für durchgängige Routen im Landkreis,
- die Einrichtung eines Runden Radltisches,
- die Erstellung eines Winterdienstplans für Radwege in der Zuständigkeit des Landkreises
- die Ausarbeitung eines Beschilderungskonzeptes
Dieses Paket wurde von einer knappen Mehrheit der Ausschussmitglieder abtgelehnt.
Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) Freising e. V. und der Verkehrsclub Deutschland (VCD) Freising-Erding-Dachau e. V. als Interessensvertretung der Radfahrer:innen im Landkreis Freising fordern die dafür verantwortlichen Kreisrätinnen und Kreisräte daher auf, diese Entscheidung umgehend zu revidieren und alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die dauerhafte Mitgliedschaft in der AGFK nicht zu gefährden.
Prof. Dr. Andreas Kagermeier vom ADFC Freising merkt an: „Es wäre total wichtig, bei der Umsetzung von Radrouten endlich voran zu kommen, damit durchgängig und sicher zwischen den Gemeinden des Landkreises gefahren werden kann. Die Verbindung von Freising nach Neufahrn und Garching steht hier ganz oben auf der Bedarfsliste – ebenso wie kleinere Ortsverbindungen entlang von Kreisstraßen, z. B. von Freising nach Sünzhausen, von Au nach Haslach oder von Tüntenhausen nach Zolling“.
Emilia Kirner vom VCD Freising ergänzt: „Der Landkreis wollte fahrradfreundlich werden – jetzt bremst er sich selbst aus. Der Planungsausschuss hat wichtige Schritte abgelehnt. Damit kann der Landkreis die AGFK-Zertifizierung vergessen. Statt Fortschritt gibt es Blockade. Wer Fahrradfreundlichkeit beschließt, muss auch liefern. Der VCD Freising fordert: weniger Taktik, mehr Wille zur Veränderung“.
Dabei kann zwar in Frage gestellt werden, ob es wirklich ein (weiteres) Radroutenkonzept eines externen Planungsbüros braucht. Der Landkreis hat bereits 2014 die im Landkreis auszubauenden Radrouten ausgearbeitet … und seither allerdings so gut wie nichts davon umgesetzt. Auch im Rahmen des Radverkehrsnetz Bayern wurde 2022 der Bedarf an Ortsverbindungsrouten im Landkreis Freising dokumentiert … wiederum ohne entsprechende Umsetzungen. Eine Aktualisierung des Radroutenausbauplans könnte sicherlich auch von den Mitarbeiter:innen der Kreisverwaltung in Eigenregie erarbeitet werden. ABER: neben der Infrastruktur sehen die AGFK-Kriterien auch als drei weitere Säulen der Radverkehrsförderung Information, Kommunikation und Service vor. Eine Plattform für den Austausch aller Akteure (auch in den Städten und Gemeinden des Landkreises) wäre eine wichtige Basis für die Verankerung der Fahrradfreundlichkeit des Landkreises … und kostet nix. Auch die Ausarbeitung eines Winterdienstplanes, so wie ihn z. B. auch die Stadt Freising erstellt hat, kann mit Bordmitteln erfolgen und wäre ein wichtiges kommunikatives Signal an die Radfahrer:innen, wo im Winter mit geräumten Wegen zu rechnen ist.
Letztendlich erscheint ADFC und VCD auch ein Beschilderungskonzept als nicht ganz so vordringlich. Von manchen Gemeinden und dem Landkreis wurden in den letzten Jahren eine Vielzahl von Schildern an Radrouten aufgestellt. Auch wenn diese nicht mehr ganz den aktuellen Richtlinien entsprechen, sind sie noch funktional, so dass in Zeiten knapper öffentlicher Kassen auch relativ problemlos nach hinten geschoben werden können. Aber das Bekenntnis und Engagement für durchgängigen Radwege und ein fahrradfreundliches Klima im Landkreis ist eben klar mit der AGFK-Mitgliedschaft als bindender Rahmen verbunden, den Worten dann auch Taten folgen zu lassen.
Ausgewählte Beispiele für fehlende Radwegeinfrastruktur im Landkreis Freising






Pressemitteilung in FS-LIVE vom 10. April 2025
Nach Rad-Rückzieher des Landkreises: VCD und ADFC appellieren an Räte
(Freisinger Tagblatt vom 11. April 2025)
Hintergrund-Information:
„Fahrradfreundliche Kommune“: Landkreis Freising bremst ursprüngliche Pläne aus
Pressebericht im Freisinger Tagblatt vom 6. April 2025